Analytische Individualpsychologie
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Die Besonderheit der analytischen Individualpsychologie 

liegt in der Zusammenhangsbetrachtung der Lebensbewegung des einzelnen Patienten und in der Betonung des individuellen Erlebens. Diese Hinwendung zum Individuellen erscheint gerade heute notwendig, da viele Menschen im objektivierenden medizinischen Modell denken und sich wie ein Objekt behandeln, das nicht mehr richtig funktioniert und repariert werden muss. Dies führt zu einer Selbstentfremdung, denn der Einzelne hat die Verbundenheit mit seinen tieferen Erlebensschichten verloren und steht sich selbst wie einem Objekt gegenüber, das ihm fremd ist und das er häufig ablehnt, verurteilt oder verachtet. Die existentielle Perspektive der analytischen Individualpsychologie nimmt diese Entfremdung von sich selbst in den Blick. Denn aufgrund der Entfremdung wird die eigene Lebendigkeit nicht mehr gespürt und das eigene Leben erscheint
abhängig von Dingen und Sachverhalten in der Welt. Lebt man sein Leben auf diese Weise, so glaubt man, dass die eigene Existenz Sinn, Fülle und Gelingen nur in der Teilhabe an den Dingen der Welt finden kann. Seine Wirklichkeit kann das Leben nur aus sich selbst, aus seinen inneren Erfahrungen und Empfindungen beziehen. Die inneren Erfahrungen der Patienten sind voller Leid und rufen tiefe Ängste hervor. Die Ängste führen unbewusst zu einem Bestreben, die empfundenen Defizite und Traumata zu kompensieren. Für die Kompensation findet Adler ein allgemeines Prinzip des menschlichen Lebens, das den existentiellen Ansatz seiner Dynamik deutlich macht: Der Mensch entwirft (unbewusst) Vorstellungen von sich selbst, wie er sein möchte, um in dieser Welt leben zu können. Es ist ein ganz moderner Ansatz, denn angesichts wechselnder Umstände sind die Menschen genötigt, viel stärker als das früher der Fall war, ihr Leben selbst zu gestalten und sich dabei immer wieder zu verändern und zu optimieren. Wenn diese Zielvorstellung außerhalb der menschlichen Möglichkeiten angesiedelt ist, scheitern die Patienten in ihren Bemühungen, das Ziel zu erreichen. Dies führt sie letztlich zur Therapie. Was den Patienten nach Adler in frühester Kindheit fehlte, nannte er „Gemeinschaftsgefühl“. Diese mitmenschliche Verbundenheit mit sich selbst und mit anderen wieder fühlen zu können, kann heilsam wirken.
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