Der dritte Band der Studienausgabe enthält 57 Auf- sätze Adlers, in denen über die Jahre 1913–1937 die Ausarbeitung seiner psychotherapeutischen Theorie verfolgt werden kann. Immer mehr beschäftigt ihn der Gesamtzusammenhang, das Leben des Einzelnen innerhalb der menschlichen Gemein- schaft, der Natur und des Kosmos. Die Kompensation ist ein Aspekt von Adlers Begriff der doppelten Dynamik, den er 1929 geprägt hat. Das Gemeinschaftsgefühl ist der zweite Aspekt der doppelten Dynamik. Es war eine überraschende Entdeckung bei der Vorbereitung des dritten Bandes der Studienausgabe, dass die Jahre von 1926 bis 1933 für Adlers Theorie-Entwicklung eine so bedeutsame und fruchtbare Zeit waren. In diesen Jahren wendet sich Adler nicht nur der von seinen Patienten erlebten Entmutigung zu, sondern beschäftigt sich auch intensiv mit den Phänomenen Bewegung und emotionale Erfahrung. Auf der Grundlage dieser Vorarbeiten gelingt Adler eine theoretische Weiterentwicklung: Das Gemeinschaftsgefühl gründet nicht nur auf der emotionalen Erfahrung, sondern auch und vor allem auf der originären Verbundenheit der Menschen. Nach Adler liegt in der Erkenntnis der Wurzeln des Gemeinschaftsgefühls "der ganze Wert und die ganze Bedeutung der Individualpsychologie". "Diese Erkenntnis ist nicht unmittelbar erfassbar, sie kann nicht gefunden werden durch eine Analyse der sichtbaren Erscheinungen und Tatsachen" (1933i, S. 551). Manche Erkenntnisse erschließen sich nur in einer inneren subjektiven Gewissheit und Stimmigkeit.